Minister kritisieren erneute EU-Zulassung für Glyphosat
Hannover (dpa/lni) – Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte und Umweltminister Christian Meyer (beide Grüne) haben die EU-Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat für weitere zehn Jahre kritisiert. Das sei ein großer Rückschritt und ein Vertrauensbruch gegenüber den Naturschutzverbänden und der Mehrheit der Gesellschaft, hieß es in einer Mitteilung am Donnerstag. Die WHO habe Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend eingestuft, und mehrere Gerichte hätten jüngst Entscheidungen zugunsten Geschädigter getroffen. «Ich würde mir wünschen, dass unabhängige Studien im Entscheidungsprozess stärker berücksichtigt werden als Herstellerstudien und dass wir eine Struktur aufbauen, die insgesamt transparenter ist. Wir werden den neuen Rechtsrahmen nun genau überprüfen», betonte Staudte.
In Zeiten des Artensterbens ist die Entscheidung aus Brüssel für Meyer ein herber Rückschlag für den Natur- und Artenschutz. Der Einsatz von Glyphosat sei mit gutem Grund in Privathaushalten verboten. «Längst gibt es Alternativen zu dieser sehr giftigen Chemikalie. Die Gefahren für unsere Gesundheit und die negativen Auswirkungen auf die Natur sind nicht mehr von der Hand zu weisen», sagte Meyer. Umso mehr komme es jetzt darauf an, etwa Fließgewässer vor dem Eintrag von Glyphosat effektiv zu schützen.
Auch Parteikollege und Bundesagrarminister Cem Özdemir setzt auf mögliche nationale Schritte. Die Entscheidung der EU-Kommission trage auch dem Abstimmungsverhalten im zuständigen EU-Ausschuss nicht Rechnung. «Ich bedauere das sehr.» Mit Blick auf das weitere Vorgehen verwies Özdemir auf die im Ampel-Koalitionsvertrag getroffene Vereinbarung, Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt zu nehmen. «Insofern gehe ich davon aus, dass alle drei Koalitionspartner sich dem gegenüber verpflichtet fühlen und das jetzt gemeinsam umsetzen, so dass wir im Rahmen dessen, was Brüssel festgelegt hat, jetzt unseren nationalen Spielraum nutzen.»
Die EU-Kommission hatte entschieden, die Zulassung in der EU um zehn Jahre zu verlängern. Sie kündigte zugleich neue Auflagen an. Zuvor hatten sich in einem EU-Berufungsausschuss weder genug Vertreterinnen und Vertreter der EU-Staaten für noch gegen einen weiteren Einsatz ausgesprochen. Daraufhin konnte die Kommission allein entscheiden. Streit gibt es unter anderem darüber, ob Glyphosat krebserregend sein könnte. Zudem stehen Gefahren für die Umwelt im Raum.
Deutschland hatte sich bei der Abstimmung erneut enthalten, wie Özdemir erläuterte. Hintergrund war demnach, dass die FDP für eine Zulassungs-Verlängerung eingetreten war, die Grünen sich aber dagegen ausgesprochen hatten.
Das Landvolk Niedersachsen begrüßte die Entscheidung, weil in den unzähligen Studien, die die Behörden auf EU-Ebene ausgewertet hätten, keine bedenklichen gesundheitlichen Risiken bei der Anwendung in der Landwirtschaft festgestellt worden seien. Mit einem Verbot würden die Vorteile beim Umwelt- und Ressourcenschutz verloren gehen, ohne einen Vorteil für den gesundheitlichen Verbraucherschutz zu erreichen.